Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

G.U.T.

Uwe Bremer: Zunehmende Unordnung (2002)

Eine G.U.T. (›Grand Unified Theorie‹ = ›Große Vereinheitlichte Theorie‹) der Kunst zu begründen, dem wissenschaftlichen Betrachter das Rüstzeug in die Hand zu geben, das ihn in die Lage versetzt, mühelos Kunst von NonKunst zu unterscheiden, ist das Anliegen dieser kurzen Reflexion.

Der Grund, warum es noch nicht gelungen ist, diese G.U.T vorzulegen, liegt an dem sperrigen Wesen ihres Gegenstandes. Wir sollten versuchen, ein Kunstwerk in seinem tiefsten Inneren zu erfassen, um das dort vermutende Geheimnis zu lüften.

Alle Materie besteht aus Molekülen, die aus Atomen zusammengesetzt sind, von denen 92, die chemischen Elemente, in der Natur anzutreffen sind.

Atome bestehen aus einem Kern, um den Elektronen kreisen. Diesen Kern bilden Protonen und Neutronen, die wiederum kleinere Partikel, die sogenannten ›Quarks‹ enthalten. Jeweils drei ›Quarks‹ bilden ein Proton bzw. Neutron.

Hiermit postuliere ich das ›Kunst-Quark‹, das ich im Folgenden, der besseren Verständlichkeit wegen, ›Art-Quark‹ nennen werde.

Wir müssten also in den Protonen bzw. Neutronen eines echten Kunstwerks jeweils 4 statt der üblichen 3 Quarks nachweisen können.

Um den Beweis für diese These anzutreten, sollten wir ein Kunstwerk opfern, das über jeden Zweifel erhaben ist. Der Kunstfreund wird mir zustimmen, wenn ich dafür das Gemälde ›Die schlafende Venus‹ des venezianischen Malers Giorgione ins Visier nehme.

Nachdem sich der Pariser Besitzer schweren Herzens von seinem Eigentum getrennt hat, beginnen wir, das Kunstwerk zu teilen. Nach einer erklecklichen Anzahl von Teilungen werden wir uns bis zur Ebene von Protonen und Neutronen vorgearbeitet haben. In einem leistungsstarken Teilchenbeschleuniger nehmen wir unser Material unter Beschuss.

Ich wage zu prognostizieren, dass wir bald fündig werden und das vierte, das ›Art-Quark‹, isolieren können. Sollte, wider Erwarten, unser Experiment scheitern, hätten wir ein Problem: Wir müssten das Kunstteilchen dann auf der ›Superstring‹-Ebene vermuten. ›Superstrings‹ sind winzige Fäden, die möglicherweise in 10 bzw. 26 Dimensionen vibrieren. Für diesen Fall prognostiziere ich 11 bis 27 Dimensionen, da wir das Spektrum um eine Kunst - oder auch Art-Dimension erweitern müssten.

Um diese These zu beweisen, empfiehlt es sich, einen Teilchenbeschleuniger zu errichten, der in etwa die Größe des Sonnensystems beinhaltet. Bei der wissenschaftsfeindlichen Haltung westlicher Regierungen und der notorischen Ebbe in öffentlichen Kassen dürfte es einige Zeit dauern, diesen Plan in die Tat umzusetzen.

Setzen wir so lange auf das ›Art-Quark‹!